14.11.10

Die Bamberger Domskulpturen ‚revisited'

(zuerst veröffentlicht in::Bericht des Historischen Vereins Bamberg 143, 2007, 185-210.)

Die Bergung der Gewändefiguren vom Fürstenportal des Bamberger Domes, ihre Aufstellung im Diözesanmuseum und ihre Ersetzung am Bau durch Abgüsse ist ein würdiger Anlass, sich noch einmal mit der Domskulptur zu beschäftigen[1]. Dafür gibt es noch weitere Gründe: Da sind noch einmal die Funde und Folgerungen der von Manfred Schuller geleiteten Bauforschungskampagne am Fürstenportal und der Adamspforte zu reflektieren;[2] dazu die an den Prinzipien der Bauforschung ausgerichteten Studien von Christine Hans-Schuller, Walter Hartleitner und Maren Zerbes[3]. Hinzu kommen die vielen anderen Publikationen zum Thema[4]. In meinem älteren Aufsatz hatte ich manches nur angerissen, anderes unbearbeitet lassen müssen. Einige neue Beobachtungen sind nachzutragen, vor allem aber ist das eigene Tun noch einmal zu überprüfen. Denn in der Beurteilung der Domskulptur und ihrer Werkstattverhältnisse zeichnen sich, wie Jean Wirth kürzlich zu Recht moniert hat, zwei anscheinend unvereinbare Positionen ab: Auf der einen Seite die These von dem einen, auf seine Weise großen, älteren und dem einzigartigen jüngeren Bildhauer, auf der anderen die Annahme einer größeren Zahl von Künstlern[5]. Es muss versucht werden, das Problem neu zu durchdenken und eine Lösung zu finden. Ehe dies Kernproblem angegangen wird, sind jedoch noch einige inhaltliche Aspekte zu erörtern.

Zur Deutung des Fürstenportal-Programms
Das berühmte Motiv der Apostel, die auf den Schultern der Propheten stehen, wird unter Bezug auf programmatische Äußerungen des Bernhard von Chartres über die Zwerge, die weiter sehen als die Riesen, auf deren Schultern sie sitzen, bzw. auf die entsprechenden Glasfenster im Chartreser Kathedralquerhaus als aus Frankreich importierte Idee und als Hinweis auf die engen Beziehungen Bambergs zu den französischen Zentren der Scholastik und Kathedralkunst verstanden[6]. Doch unterscheidet sich die Bamberger Bildprägung schon dadurch, dass die Apostel stehen, nicht sitzen, mehr noch dadurch, dass beide Gruppen zum Richter hochschauen, dass also nicht so sehr der Gedanke der größeren Klar- und Weitsicht der Männer des Neuen Testamentes thematisiert wird, sondern eher derjenige der allen gemeinsamen Erwartung des Erlösers zum Jüngsten Tag. Der Bildtypus stammt jedoch nicht, wie meist angenommen, aus Frankreich, sondern ist erstmals in Rom im ausgehenden 10. Jahrhundert nachweisbar, im deutschen Bereich erstmals in den Wandmalereifragmenten des frühen 12. Jahrhunderts aus St. Gereon in Köln, und zwar in der aus Italien kommenden Formulierung[7].
Petrus und die Apostel sind zugleich als Vertreter der Kirche gedacht, die dem Triumph ihres Herrn akklamieren. Dem entspricht, dass das vorspringende Portal mit Rahmung in der älteren deutschen Baukunst als Paraphrase antiker römischer Triumphbögen zu verstehen ist[8], so deutlich bei den Osttoren des Mainzer Domes.
Dabei erweist sich ein Aspekt als wichtig: dass die älteren Bildhauer vor allem von einer italienisch geprägten Ikonographie ausgehen, während sich die jüngeren, wie zu bestätigen sein wird, mehr an französischen Vorbildern orientierten. Das lässt erwarten, dass dort, wo in Bamberg italienische Motive auftauchen, Mitglieder der älteren Gruppe beteiligt sind.
Dass ein Programmwechsel zur Ablösung der älteren Bildhauer am Fürstenportal geführt haben dürfte, entspricht nicht der traditionellen kunsthistorischen Vorstellung vom Primat der Form. Dass dieser Wechsel sogar während der Arbeit am Tympanon stattgefunden hat, bleibt weiterhin eine schwer zu akzeptierende These[9]. Ich halte jedoch an meiner Beobachtung fest, dass das Relief von einem Mitglied der älteren Werkstatt in Angriff genommen wurde, der die zu Füßen Christi kniende Maria schon weitgehend ausgearbeitet hatte, als er die Arbeit an dem Stück aufgab oder aufgeben musste. Seine altertümliche Auffassung zeigt sich vor allem an den Falten ihres Oberschenkels. Sie erscheinen wie eine Folge von eingravierten Spitzbögen, das heißt: Das Gewand bildet nicht – wie es der Natur eines herabfallenden Stoffes gemäß ist – rundliche, plastisch fein gerippte Hängefalten, sondern folgt der Umstilisierung dreidimensionaler Formen in zweidimensionale, die wir seit der Spätantike nachweisen können, auch in der vorangehenden Bamberger Malerei[10]. In der älteren Gruppe ist dies Motiv typisch für den Steinmetzen, der u.a. den David der Chorschranken-Propheten geschaffen hat (s.u.). Man kann zur Gegenprobe sämtliche jüngeren Skulpturen durchsehen und wird es so nicht wieder finden.
Für die These, dass das Fürstenportal-Tympanon von der älteren Werkstatt begonnen wurde, können noch weitere ikonographische Argumente beigebracht werden: Maria greift in einer uns eigenartig erscheinenden Weise mit ihrer Hand unter die Füße Christi. Dies ist eine Geste unterwürfigsten Bittens, die aus dem spätantiken Kaiserkult kommt, in Deutschland zunächst so gut wie nicht nachweisbar ist, weil eine derartige totale Selbstunterwerfung bei den Völkern des Nordens nicht geschätzt und nicht praktiziert wurde. Eingeführt wurde sie durch die Kirche, und zwar als Gebärde der vollständigen Unterwerfung unter den Willen Gottes. Wo sie im Norden rezipiert wurde, zeigt sie eine Rom- bzw. Italien-Orientierung an und findet sich insbesondere bei Anhängern der Gregorianischen Kirchenreform[11].
Was wir jetzt seitlich der Deesis-Gruppe sehen, erscheint auf den ersten Blick als eine Art Unordnung: Die Gruppen sind asymmetrisch aufgebaut; im Vergleich zum Gnadenportal-Tympanon fallen vor allem die Proportionsbrüche auf. Den Auftraggebern wie den Künstlern ging es vor allem um das warnende Exempel des Zuges der Verdammten in die Hölle. Er folgt französischen Vorbildern und ist eindrucksvoll gestaltet, abgesehen von dem wenig überzeugenden Engel, der die Verdammten vom Throne Gottes wegschiebt[12]. Doch was war vorher geplant? Christus war vielleicht als ‚rex regum et dominus dominantium' (Apc 19,16; I Tim 6,15) konzipiert, begleitet von Engeln als Paladinen, welche die Arma Christi präsentierten [13]. Bisher ist noch nicht erkannt worden, dass die Gruppe zu seiner Rechten die „Heranführung der Gerechten zum Thron des Herrn" darstellt und der italo-byzantinischen Ikonographie folgt: in Frankreich kommt dies Thema so gut wie gar nicht vor[14]. Dann aber dürfte sie bereits vom älteren Bildhauer angelegt, nur eben nicht vollendet worden sein. Als Entsprechung auf der anderen Seite wäre ein Höllenschlund zu erwarten. Offenbar war der erste Bildhauer damit noch nicht weit vorangekommen, so dass im Zuge des Programmwechsels die Abführung der Verdammten gemäß der französischen Gerichtsikonographie eingefügt werden konnte. Dadurch wurde das Ganze asymmetrisch, aber auch dynamischer und eindrucksvoller. Die zuvor anscheinend ebenfalls nicht geplanten Auferstehenden konnten noch im Bogenfeld selbst untergebracht werden, wenn auch sehr verkleinert; der Posaunenengel sowie das Paradies mit Abraham und den Seligen im Schoß wurden zu Archivoltenfiguren ohne Integrierung in die Archivolten-Architektur.
Die Durchsetzung des neuen Programms war den Auftraggebern so wichtig, dass sie gegen eine der wichtigsten damaligen Normen und Zeremonial-Vorstellungen zu verstoßen wagten, die Symmetrie[15]. Es gibt jedoch keine zwingenden Gründe für die Annahme, die Portalskulptur sei immer asymmetrisch geplant gewesen. Gegenüber von Abraham könnte ein Höllenrachen gedacht gewesen sein, wie z.B. in den Archivolten am Mittelportal von Notre-Dame in Paris. Und Platz für einen analogen Posaunenengel rechts wäre auch vorhanden. Dies ist nur eins der vielen Anzeichen dafür, dass die Bildhauerarbeiten in Bamberg nicht vollendet wurden.
Auch der zweite Hauptgedanke des neuen Programms, der Triumph der Ecclesia, den man auch als Aufhetzung gegen die Juden bezeichnen darf, konnte nicht mehr innerhalb des alten Rahmens verwirklicht werden[16]. Dass die jüngeren Bildhauer unbekümmerter mit den Normen umgingen, zeigt sich am äußersten Figurenpaar des rechten Portalgewändes, das oben den Apostel Matthias jugendlich beschwingt präsentiert, unten einen sich in den Bart greifenden und die Betrachter fixierenden Propheten, der von der Gestik her ein Moses sein müsste – der sich nicht erst seit Michelangelo voller Zorn den Bart rauft[17]. Moses zählt nicht zu den Propheten, sondern zu den Patriarchen. Doch könnte es sein, dass er hier als Anführer der Juden gemeint ist, der sich den Bart zaust und die Gesetzestafeln zerschmettert, weil die Israeliten während seiner Abwesenheit das Goldene Kalb als Kultbild aufgerichtet hatten, als Teil der antisemitischen Tendenz des neuen Programms. Im übrigen ist es ungewöhnlich, dass die Bildsäule so gestaltet ist, als wollten Prophet und Apostel nichts mehr miteinander zu tun haben: der Apostel wendet sich in eine ganz andere Richtung als der Prophet unter ihm, er steht als einziger nicht mehr auf dessen Schultern, sondern auf zwei aus dem Säulenschaft wachsenden Knospenkonsolen.
Man kann in gewissem Umfang auch eine Gegenprobe vornehmen, indem man zeigt, dass nicht nur thematische Motive eine Aussage über die ausführenden Künstler und ihre Gestaltungsweise machen, sondern dass rein formal erscheinende Phänomene Aussagen über die inhaltlichen Vorstellungen der Künstler und ihrer Auftraggeber erlauben: Die Umsetzung der Lesefolge des Portals von unten nach oben in eine Thematisierung der Abfolge der Drei Zeitalter der Heilsgeschichte wird besonders deutlich, wenn man das Portalganze frontal betrachtet[18], d.h. aus der vom Entwerfer des Ganzen konzipierten Hauptansicht. Sie war für die älteren Bildhauer maßgeblich, wie sich am Beispiel der Petrusfigur zeigt: Der innerste Block des linken Gewändes wäre wegen der kontinuierlichen Verkleinerung der Gewändefiguren und Dienste zur Portalmitte hin der schmalste geworden, was dem Rang Petri als Apostelfürst und Anführer widersprochen hätte. Um dies auszugleichen, wurde statt eines Blockes mit quadratischem Grundriss eine rechteckige Platte gewählt, die Figur somit beträchtlich nach innen und zugleich nach vorne gezogen. Nur aus der Frontalansicht sind die beiden Schlüssel Petri, welche die Binde- und Lösegewalt des Papstes in irdischen wie himmlischen Dingen zum Ausdruck bringen, gut erkennbar. Zwar ist die Schrägsicht – d.h. die Sicht frontal auf das Gewände - als zweite Ansicht eingeplant; doch ist es wichtig, sich den Wechsel der Hauptansichtsseite, den die jüngere Werkstatt im rechten Gewände vornahm, und die damit verbundene Umwertung ebenso wie die dadurch veränderte Bild-Betrachter-Beziehung klar vor Augen zu halten: die ältere Auffassung ging eher von einem statisch-frontalen Gegenüber aus, die jüngere will die Betrachter stärker in Bewegung setzen. Oder anders gesagt: das eher didaktische Konzept wurde in ein eher emotionalisierendes umgewandelt, der Vorgehensweise bei Andachtsbildern vergleichbar.

Das Programm der Chorschranken
 Den Apostelzyklus der südlichen Chorschrankenreliefs müsste man eigentlich nennen: „Die 12 Apostel formulieren die 12 Sätze des Credo als Fundament der kirchlichen Lehre und Garanten ihrer Einheit und Orthodoxie." Das Glaubensbekenntnis war damals nicht nur ein Hauptstück der Katechese, sondern auch eins der am häufigsten aufgesagten Gebete.[19] Hier nun wird eine Darstellungsform gewählt, die Züge einer Erzählung bekommt, was sie den Gläubigen leichter einprägt, die mehrheitlich durch den südlichen Eingang, die Adamspforte, den Dom betraten. Der Bamberger Zyklus ist einer der ältesten seiner Art. In der Regel bilden die Apostel jedoch eine Reihe, mit Petrus, der den 1. Satz sagt, an der Spitze, und Matthias, dem statt Judas berufenen Apostel, an letzter Stelle.[20] In Bamberg dagegen handelt es sich um zwei Sechsergruppen, die einer gemeinsamen Mitte zustreben, was die Lektüre des Credozyklus erheblich erschwert. Man fragt sich, was diese merkwürdige Disposition veranlasst haben könnte? Dafür gibt es meines Erachtens nur eine Antwort: dass Petrus auf der von uns aus gesehen linken Seite zu stehen kommt, ist nur dann zu verstehen, wenn man eine ranghöhere Person in der Mitte rekonstruiert, auf deren Ehrenseite er gemäß dem damaligem Zeremoniell angeordnet gewesen wäre[21]. Man hatte offenbar ursprünglich in der Mitte eine Figur Christi geplant.
Unklar war bisher die Benennung der übrigen Apostel, vor allem desjenigen, der die rechte Sechsergruppe anführt[22]. Bei der Enträtselung lassen sich durchaus Fortschritte machen: Der auf Petrus folgende Apostel ist keinesfalls „eindeutig Philippus", wie Verheyen meint, sondern Andreas, der hier ein doppelbalkiges Kreuz in der Hand hält, das bei Philippus nie vorkommt, aber eine fränkische Sonderform der Andreas-Ikonographie ist, die z.B. am Triangelportal des Erfurter Domes aufgegriffen wurde. Außerdem kennzeichnet ihn der lange Bart als Senior des Kollegiums, während Philippus meist bartlos ist. Auch ist bisher keine Credofolge nachzuweisen, in der Philippus unmittelbar auf Petrus folgt.
Da in diesem Zyklus die beiden Brüder Andreas und Petrus ein Paar bilden, ist dies auch für die beiden zu den erstberufenen Jüngern gehörenden Zebedäussöhne Johannes und Jakobus zu vermuten. Da überhaupt kein Apostel den jugendlichen bartlosen Johannestyp zeigt, Johannes aber vorkommen muss, und zwar an prominenter Stelle, ist zu schließen, dass in dieser Reihe Johannes gemäß dem byzantinischen, in Italien weit verbreiteten, auch nördlich der Alpen nicht seltenen Typus als alter Weiser bzw. ‚Johannes der Theologe' dargestellt ist. Wie man etwa an der Maestà des Duccio di Buoninsegna im Sieneser Dommuseum sehen kann, wird sein Kopftyp von dem des Paulus durch stärker gelocktes und weniger dichtes (Bart-)Haar sowie das Fehlen der Stirnlocke unterschieden[23]. Gemäß den Zeremonialvorstellungen müsste Johannes der Anführer der östlichen Sechsergruppe sein. Der dem Mittelpfeiler zunächst stehende 1. Apostel mit der Halbglatze entspricht tatsächlich diesem byzantinischen Johannestyp. Sein Dialogpartner dürfte dann sein Bruder Jakobus sein[24]. In diesem Zyklus hat nur der als Ersatz für den Verräter Judas berufene Matthias einen ‚Milchbart', was gut zu seiner Rolle passt. Durch seinen letzten Platz links außen wird die Anordnung der Gesamtreihe gemäß dem Zeremoniell, d.h. rechts vor links und innen vor außen, bestätigt[25].
Analog zur Apostelreihe sind auch die beiden Sechsergruppen der Propheten jeweils auf die Mitte hin orientiert, die vielleicht eine Marienstatue mit Kind einnehmen sollte; auch hier stehen, vom Mittelpfeiler aus gesehen, die ranghöchsten Propheten zur Rechten, zuerst David, dann Jesaja und wohl Daniel. Demnach müssten zur Linken andere Große Propheten folgen, zuerst Jeremias und Ezechiel. Doch war die Reihe der Propheten nicht so kanonisch festgelegt wie die der Apostel und eine Deutung der einzelnen Personen ist von daher schwieriger, bis auf die des Kahlkopfes als Jonas.
Die Grundlage für den Bamberger Bildtypus des Credo bot die von der Gregorianischen Reform besonders favorisierte Szene der Aussendung der Apostel durch Christus, d.h. des in den Abschiedsreden Jesu gegebenen Missionsbefehls, ehe die Jünger Jesu sich tatsächlich auf den Weg machen. Dargestellt war er in der Apsis des Tricliniums am Lateran. Eine frühe deutsche  Rezeption findet sich im kölnischen Abdinghofer Evangeliar[26]. Christus in der Mitte hält ein Spruchband mit dem Missionsbefehl in der Hand, umgeben von je zwei Gruppen von Aposteln.

Händescheidung und Zuschreibungsfragen
Der Erfolg der Bauforschung bei der Lösung der Chronologie-Probleme lässt die Kunsthistoriker etwas durchnässt dastehen. Sind ihre Instrumente untauglich? Ihre Methoden falsch? Oder waren sie nicht beharrlich genug? Oder haben sie sich nicht genug Mühe gegeben? Wie wird sich die Bauforschung auf die von Kunsthistorikern betriebene Architekturgeschichte auswirken? Bedrückend ist, dass keine Diskussion darüber stattfindet, wenn man einmal von den ‚Selbstveröffentlichungen' der Bauforscher absieht, die deutlich machen, dass es auch innerhalb dieses Faches kontroverse Positionen gibt[27].
Bei Lichte besehen, löst die Bauforschung keineswegs alle Probleme der Architekturgeschichte. Sie selbst bedarf der Ergänzung durch kunsthistorische und historische Forschung und Betrachtung. Es besteht andererseits kaum Hoffnung, dass man durch Erschließung bisher unbekannter Quellen umfassendere Nachrichten über Bauhütten, Architekten und Bildhauer erhielte, ihre Arbeitsweise, das Bildprogramm usw. Doch sind die bisher hierzu publizierten Texte zu wenig ins Bewusstsein der Forschung gedrungen, sie wurden und werden zu wenig gelesen.[28] Es ist bitter nötig, dass sich das Fach Kunstgeschichte angesichts der Herausforderung besinnt und sich fragt, ob nicht doch in der Verbindung beweglicherer Methodik und schärferer Kritik, erweiterter Fragestellung und hartnäckigerer Spurensuche genauere Befunde gewonnen werden können. Andererseits wäre über die Denkmodelle und allgemeinen Vorstellungen, die stillschweigend zugrunde gelegt sind und als Voraussetzung so gut wie nie diskutiert werden, eigens zu reflektieren.
 
Über den Anteil der Bildhauer am Bauschmuck und an der Architektur
Es ist zur kaum je hinterfragten Gewohnheit geworden, Gewändefiguren ohne Baldachine, Basen und anderen Bauschmuck, Reliefs aber ohne Rahmung zu betrachten und abzubilden. Das entspricht zwar dem Kunstverständnis unserer Zeit und ihrer Ornamentfeindlichkeit, widerspricht aber den Vorstellungen des Alten Europa, wonach Skulpturen und Reliefs damals in erster Linie ‚ornamentum', Bauschmuck, waren; das wird gerade aus der bildasketischen Polemik des Bernhard von Clairvaux überdeutlich[29]. Zweifellos haben die Bildhauer am Fürstenportal nicht nur die Figuren konzipiert und ausgeführt, sondern auch Teile des Bauschmucks, bei den Chorschranken die Bogenfelder über den Reliefplatten sowie die Säulchen und andere Schmuckelemente.[30] Andererseits bezeugt die variantenreiche und sehr persönliche Ornamentauffassung der Blattkonsolen in der östlichsten Prophetenreihe, dass die drei Rankentympana darüber von keinem dieser Bildhauer gemeißelt wurden, sondern von einem Gehilfen, der entgegen den Bamberger Gewohnheiten dreimal dasselbe schuf, und dann die Arbeit abbrach bzw. bei ihr unterbrochen wurde. Doch stammt die eigenartige, teils kannelierte, teils gewirtelte östlichste Säule von einem der Bildhauer[31].
Beobachtungen zum Produktionsrhythmus und zur Zahl der Bildhauer
Bei den Chorschranken fällt auf, dass im Norden wie im Süden jedes Joch als in sich geschlossene Einheit gestaltet ist, vom jeweiligen Nachbarjoch deutlich abgesetzt. Analoge Gruppen lassen sich bei den Gewänden des Fürstenportals aufzeigen. Wie ist das zu erklären? Es ist von vorneherein ausgeschlossen, jeweils eine Einheit einem einzigen Bildhauer zuzuschreiben; das wäre pro Saison ein zu großes Arbeitspensum. Vor allem sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Platten beträchtlich. Es scheint sich bei diesen Einheiten eher um das Jahresprogramm der Dombauhütte für die jeweilige Baustelle zu handeln.
Der weiter unten erfolgenden, stilanalytischen Skizze vorgreifend sei angemerkt, dass es ein Prinzip der älteren Bamberger Bildhauergruppe gewesen zu sein scheint, innerhalb einer Einheit niemals mehr als ein Werkstück an einen Bildhauer zu vergeben, andererseits jede Einheit anders zu konzipieren, und zwar meist unter Beibehaltung der Bildhauer. Eine der Absichten war dabei gewiss, eine möglichst große Vielfalt zu erreichen. Wir haben also pro Joch jeweils drei Steinmetzen-Bildhauer vor uns: Entweder hatten sie einen gemeinsamen Leiter, oder einer von ihnen führte jeweils eine Kampagne, oder sie hatten sich auf ein Konzept geeinigt. Die starken Abweichungen jeder Einheit voneinander sprächen an sich gegen das Vorhandensein einer über längere Zeit gleich bleibenden Leitung in Gestalt des Baumeisters: Es ist kaum anzunehmen, dass ein ‚magister operis' den ständigen Wechsel begünstigt hätte. Dethard v. Winterfeld hat gezeigt, dass in den ersten Baujahren des Bamberger Doms offenbar wechselnde Parteiungen im Domkapitel bzw. bei den für die Bauarbeiten zuständigen Fachleuten zu ständigen Konzeptwechseln führten[32]. Dies ist kaum als planvolle ‚variatio' zu loben, scheint jedoch geradezu Bestandteil der Mentalität der Bamberger Hüttenmitglieder gewesen zu sein. Dem ist weiter unten nachzugehen.
Gemäß den Ausführungen v.Winterfelds war das Jahrespensum der Bamberger Hütte nicht sehr groß. Allerdings sind Bildhauer und Steinmetzen zu unterscheiden, schon deshalb, weil die Vorbereitung einer Skulptur langwierig war. Zwar geht Manfred Schuller von einer ziemlich großen Zahl gemeißelter Werkstücke pro Bildhauer und Jahr aus, wobei er sich vor allem auf die Erfahrungswerte heutiger Bauhütten beruft; doch vermitteln die verfügbaren Daten aus dem Mittelalter ein anderes Bild.[33] Man kann auf künstlerischem Gebiet heutige Verhältnisse nur mit Abstrichen in die Vergangenheit zurückprojizieren: Weder die Geschwindigkeit des Vorgehens, noch die Arbeitsmoral dürften vergleichbar sein. Die Bildhauerkunst befand sich außerdem noch im Stadium des Experimentierens und der Selbstfindung. Wahrscheinlich wurde viel Zeit vom Erwerb neuer Kenntnisse bzw. von ihrer Vertiefung verschlungen. Das Studium der Werke zeigt, dass man mehr Sorgfalt in das Ausfeilen, Schleifen und Polieren der Stücke gelegt hat. Deshalb spricht Vieles dafür, dass jedes Kompartiment der Bamberger Dom-Chorschranken die Jahresleistung einer Gruppe von drei Steinmetzen darstellt. Vielleicht wurden sie dabei noch unterstützt von einem Lehrling bzw. Gehilfen.
Geistige Unruhe als wesentlicher Zug dieser Bauhütte führte zu beständigem Streben nach Wechsel und Neuerung. Das scheint mir ein Schlüssel zum Verständnis des Ganzen – zumindest in seiner Anfangszeit – zu sein. Es ist erstaunlich, dass man in Bamberg so schnell die ursprüngliche Konzeption des Themas verwarf und die Christusfigur wohl gar nicht ausführte. Die Konsolen zwischen den beiden Chorschrankengruppen stehen leer.
Es gibt Indizien, dass auch die jetzige Lösung bereits Ergebnis einer Umplanung ist. Auf den seitlichen Pfeilerflächen der Apostelseite finden sich, etwa 10 cm von der Außenkante entfernt, Ritzlinien, die in Höhe der Mitte des rahmenden Rundbogens in eine Art Dachschräge übergeführt werden; im östlichen Joch sind diese Linien z.T. nur gestrichelt. Meiner Meinung nach handelt es sich hierbei um Reste einer früheren Planung der Chorschranken, die jedoch verworfen wurde.
Uns sind weder Namen von Bildhauern überliefert, noch gibt es Hinweise auf ihre Zahl. Dass wir darüber so gar nichts wissen, ist angesichts ihres markanten persönlichen Profils sehr zu bedauern. Bleibt man hierbei ausschließlich auf Spekulation angewiesen? Man ist sich schon in den Grundannahmen überhaupt nicht einig: Die These vom einen großen, genialen Meister haben vertreten: die Gelehrten der Frühzeit dieser Studien, sodann nach Einsetzen der kritischen Händescheidung: Wilhelm Boeck, Wilhelm Pinder, zuletzt Achim Hubel und ansatzweise auch Jean Wirth.[34] Meines Erachtens kann jedoch der Steinmetz, der den Reiter und die ‚Sibylle' geschaffen hat, aufgrund seiner unterschiedlichen Technik, aber auch seiner anderen Menschenauffassung unmöglich derselbe sein wie der Bildhauer der Ecclesia und Synagoge oder derjenige des Dionysius-Engels[35]. Auch bei der älteren Gruppe scheint mir eine Unterscheidung mehrerer Hände notwendig zu sein. Darin folge ich Versuchen zur Aufteilung, wie sie von Hermann Beenken, Wilhelm Boeck und anderen vertreten wurden.[36] Anzumerken ist noch, dass Willibald Sauerländer sich grundsätzlich skeptisch über die Möglichkeit einer Händescheidung innerhalb der Bamberger Skulptur geäußert hat[37].
Jean Wirth hat an dieser Vermehrung der Bildhauerpersönlichkeiten Kritik geübt: „(Suckale) nous semble expliquer trop souvent les particularités techniques ou stylistiques des oeuvres par des différences de personnalité artistique et multiplier les mains d'une manière excessive... Cette multiplication présente un inconvénient. S'il fallait compter à Bamberg, entre les deux équipes qui s'y succèdent, une bonne dizaine d'individus techniquement et stylistiquement distincts, donc une dizaine de maîtres, et s'il fallait en distinguer autant à Magdeburg dans les années suivantes, en continuant d'attribuer chaque particularité à un nouvel individu, on parviendrait à un nombre d'artistes trop considérable pour ne pas avoir connu le chômage pendant le plus gros de leur existence… Une fois constaté sur les rares artistes connus, comme Nicolas de Verdun ou Antelami, combien et à quelle vitesse leur art évoluait, aussi bien du point de vue technique que stylistique, il est sans doute préférable de penser qu'il n'y avait, vers 1230 en Allemagne, qu'une petite poignée de grands sculpteurs avec des expériences et donc des styles assez distincts. [38]»
Dieses Argument ließe sich sogar noch durch den Hinweis auf den französischen Hofbildhauer Jean Pépin de Huy verstärken: von ihm kennen wir einige durch Quellennachrichten gesicherte, aber stilistisch voneinander so abweichende Werke, dass es auf den ersten Blick schwer fällt, sie einer Hand zuzuschreiben; erst bei näherer Prüfung entdeckt man charakteristische Eigenheiten, die die Zuschreibung nahelegen. Offenbar waren am französischen Hof im frühen 14. Jahrhundert die verschiedenen Aufgaben, d.h. Marienstatue, Grabmal usw. so unterschiedlich typisiert und zugleich so festgelegt, dass die Entfaltung individueller Gestaltungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt wurde.[39] Doch gilt dies auch für das frühe 13. Jahrhundert? und in Deutschland oder Italien? Wir kennen aus dieser Zeit einige profilierte Bildhauerindividuen mit einem größeren Oeuvre, das sich jedoch als sehr viel homogener erweist, als der Bamberger Figurenzyklus: etwa Giovanni Pisano, Arnolfo di Cambio oder den Erminold-Meister, der wohl identisch ist mit dem Regensburger Dombaumeister Ludwig[40]; von den anonymen Künstlern wären der Meister des Straßburger Dom-Südquerhauses und der Naumburger Meister zu erwähnen, die die gesamte Skulpturenproduktion ihrer Werkstatt so dominieren, dass es oft schwer fällt, die von ihren Mitarbeitern geschaffenen Werke zu unterscheiden[41]. Die rhetorisch gemeinte Frage, ob denn mehrere bedeutende Künstler nebeneinander an ein- und derselben Baustelle denkbar seien, ist also falsch. Die gesamte ältere Kunstgeschichte belegt, dass im damaligen Werkstattbetrieb die Meister begabte Schüler an sich ziehen und ihnen ihren persönlichen Stil so weitgehend vermitteln konnten, dass diese in der Lage waren, Werke in der Art ihres Lehrers zu schaffen, und zwar fast von der gleichen Qualität. Wir haben in unseren Tagen ein Lehrstück in Werner Tübkes Bauernkriegspanorama in Frankenhausen bekommen: Tübke hat es zusammen mit zwei Mitarbeitern geschaffen, denen er große Partien zu weitgehend selbständiger Ausmalung überließ. Das Ergebnis ähnelt in der Qualität der Erfindung und Ausmalung so sehr seinem Stil, dass die Anteile kaum noch zu trennen sind.
Auch der immer wieder mit Nachdruck vorgetragene Appell, es sei doch undenkbar, dass aufgrund rigider Stilkritik einigen großen Künstlern nur noch 1-2 Figuren als Oeuvre verblieben, widerspricht der Erfahrung: Was besitzen wir denn außer den namengebenden Werken von Künstlern wie dem Meister des Grabmals Heinrichs des Löwen in Braunschweig oder dem der Magdeburger Madonna oder dem des Cappenberger Kruzifixes?
Allerdings bedürfen Zuschreibungen einer genauer reflektierten, methodischen Vorgehensweise und Kritik. Das ist jedoch in diesem Aufsatz nur ansatzweise zu leisten.
Wenden wir uns noch einmal den Chorschranken zu, zuerst dem Petruskompartiment[42]: Seine Reliefs sind sehr flach, ja auffällig zweidimensional. Denkt man sich noch die farbige Fassung hinzu, dann erhält man eine Gemälden nah verwandte Erscheinung[43]. Besonders eindrucksvoll muss die rhythmische Kadenz der ehemals goldenen Säume bei der mittleren Platte gewesen sein. Dass dieser Bildhauer den Flächenkünsten sehr zugetan war, merkt man an den für heutige Sehgewohnheiten ungewöhnlichen Falten auf dem Oberschenkel, die wie eine Folge von Spitzbögen gestaltet sind, d.h. steigend statt fallend. Das ist eine alte Methode, Körper flächig darzustellen und die Formen zu stilisieren. Bei der Umkehrung dieses Prozesses, d.h. der Erneuerung der dreidimensionalen Plastik, fand jedoch keine Rückübersetzung der alten Formeln für Körperlichkeit in dreidimensionale Formen statt; vielmehr wurden sie als Ornament beibehalten. Dieser Künstler bemühte sich mehr als die anderen Bamberger Steinmetzen um die Ausschmückung der Gewänder und hat sich vor allem an der Goldschmiedekunst ausgerichtet. Er liebt das Eingravieren, Ziselieren und Ausbohren reicher Saumornamente, die zuweilen die Scharfgratigkeit von Metall erhalten. Als andere Eigentümlichkeit ist seine Vorliebe für auseinander geklappte Füße zu bemerken und der anatomisch unkorrekte Ansatz der Oberschenkel an den Hüften.
Diese Auffassung findet sich bei beiden benachbarten Platten nicht. Sie unterscheiden sich in der Erfindung, ihrem Körperverständnis und ihrer Handschrift deutlich. Der Bildhauer der Petrusplatte hat etwas steife Figuren, deren Gewänder den Gliedern eng anliegen. Er bevorzugt konkave Formen. Sein Gegenüber hingegen ist der vitalste, beweglichste dieser Künstler, eine der prägenden Gestalten unter den älteren Bildhauern. Seine Falten haben vielleicht wenig Volumen, sind aber immer gerippt, d.h. sie wölben sich, sind nicht eingetieft. Er hat ein Lieblingsmotiv, weich ondulierende Falten, die glockenförmig enden.
Wenn man sich die nächste Kampagne anschaut, die Apostelplatten und den Drachentöter Michael der beiden östlichen Jochen, so fällt die größere Relieftiefe auf, die statuarische Dreidimensionalität und Mehransichtigkeit der Figuren; sie entfalten sich auf Kosten des Rahmens, der bei den beiden rechten Platten über den Schultern gekappt und ohne irgendeine Gestaltung, etwa als Konsole, unterbrochen wird. Bei der Gewandbildung dominiert die rundläufig ondulierende Auffassung des Bildhauers der westlichsten Platte der ersten Kampagne. Vergleicht man jedoch die jeweils rechte Figur der drei Reliefs dieser Einheit miteinander, so stellt man zwar enge Verwandtschaft der Motive fest, jedoch bei jeder von ihnen eine andere Auffassung. Wahrscheinlich handelt es sich um dieselben drei Steinmetzen wie bei der ersten Jahreseinheit.
Die jährliche Abänderung der Konzeption führte nicht zur Auswechslung der Bildhauer. Lässt man jeweils die auf das Konzept zurückgehenden Züge außer Acht, fällt es nicht schwer, den ornamentfreudigen Steinmetz mit der Vorliebe für auseinander geklappte Füße wiederzufinden: Er hat die linke Platte mit Johannes und Jakobus gemeißelt.[44] Die Zahl der Falten ist zu ornamentalen Zwecken vermehrt, ihre Erscheinung unkörperlich. Ebenso ist seine Auffassung der Anatomie am ‚rückständigsten', vor allem der Übergang von den Beinen zum Leib, aber sie ist effektvoll. Sein linkes Bein wirkt zylindrisch mit zugespitzter Vorderkante.
Geht man von einer schrittweisen Veränderung der Themenauffassung und des Stils aus, so müsste man die östliche Prophetenreihe als nächstfolgende Einheit benennen.[45] In ihr wird das Pathos der Gewandgestaltung des Matthias aufgegriffen, die Loslösung der Falten vom Leib und ihre Gestaltung als eigenständige und dynamische körperliche Gebilde. Auch wird das bei der zweiten Einheit aufgetretene Problem der abgeschnittenen Rahmenprofile durch die Einführung von Blattkonsolen gelöst. Die Ausschmückung des Bogenfeldes wird jedoch nicht den Malern überlassen, sondern von den Bildhauern übernommen, die es mit dreidimensionalem Blattrankenwerk füllen, das an die jüngsten Formen des Gnadenportals erinnert.[46] Dem chaplinesken Bildhauer kann man die Chorschrankenplatte mit David und Jesajas zuschreiben[47]. Irritierend ist nur, dass der nächstbenachbarte Prophet zur Linken, wahrscheinlich Daniel, so ähnlich und unähnlich zugleich ist: er bewegt sich mit einem großen Schritt von Jonas weg, dreht sich ihm aber zugleich ebenso heftig mit seinem ganzen Oberkörper zu. Verwandt sind die reichen Säume und die spitzbogenartig aufsteigenden Falten des Oberarms, anders jedoch die Dynamik, deren Motiv bei der westlichsten Apostelplatte vorgegeben ist, ebenso die plastischen, fast losgelösten Schlauchfalten, die wir zuerst bei Matthias bemerkt hatten. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass die Steinmetzen – z.T. in Absprache untereinander - ihren Stil beständig wandelten, sich untereinander austauschten und doch zugleich das ganze ältere Motiv-Repertoire bereit hielten und zitierten.
Auch am Fürstenportal sind derartige Baukampagnen feststellbar, und es ist merkwürdig, dass dabei wiederum Triaden gebildet wurden: Jeweils drei Gewändefiguren bilden eine Einheit, sind aber in der Regel von unterschiedlichen Händen ausgeführt. Dies gilt mit Einschränkung auch für die Ornamentik. Jeweils 6 bzw. 5 Kapitelle sind aus einer großen Platte genommen, so dass die Formen im jeweiligen Quader übereinstimmen. Umso mehr fällt der Unterschied zur Ornamentik des nächsten – in sich wiederum homogenen - Kapitellquaders auf. Auch die Zwischensäulen sind bewusst variiert[48]. Im linken Gewände werden die drei inneren Apostel mit beiden Füßen auf den Schultern der Propheten gezeigt, die drei äußeren jedoch in einer Schrittbewegung, das linke Bein jeweils vorgesetzt. Auch tragen nur die drei inneren Propheten einen Mantel, der über der Brust mit einer Agraffe zusammengehalten wird. Wahrscheinlich hat man jeweils eine große Sandsteinplatte genommen und in pfeilerartige Stücke für die Gewändegruppen zersägt. Das ist auch der Grund, warum der Steinzerfall die drei inneren Gruppen des rechten Gewändes besonders stark und auf gleiche Weise getroffen hat: Schuld sind daran nicht besondere Korrosionsbedingungen am Portal, sondern dass alle drei Paare aus ein- und demselben ungeeigneten Stein genommen wurden.
Außerdem kann man gerade am linken Gewände gut studieren, wie man im Verlauf der Arbeiten von innen nach außen dazulernte, z.B. in der Art, mit dem Quader umzugehen: bei den meisten der inneren Gewändefiguren links hielt man sich an den prismatischen, pfeilerhaften Charakter der Blöcke; dadurch erhielten die Figuren eine Art Vorderkante. In der nächsten Dreiergruppe jedoch wurde der spitze Grat vermieden und für eine freiere Entfaltung der Körper gesorgt.
Auch hier ist m.E. der Bildhauer der David-Jesajas-Platte wiederzufinden: die 4. Gruppe von innen zeigt seine charakteristischen Züge, so die Kantigkeit der Körperbildung, die reich verzierten Säume und die konkav gerippten, ornamental stilisierten Falten. Ähnliches dürfte bei anderen Bildhauern gelingen, wenn man die Wandelbarkeit als Prinzip anerkennt und zum Bestandteil des hermeneutischen Modells bei Zuschreibungen macht. Dieser auffällige Wille zur Innovation war vielleicht auch der Anlass, zwei oder drei begabte junge Steinmetzen nach Frankreich auf Erkundungsfahrt zu schicken. Denn die Mitglieder der jüngeren Werkstatt sind nicht von außen zugewandert, sondern zeigen sich immer wieder als Zöglinge der Bamberger Hütte[49].
Die Zahl der beteiligten Bildhauer in Bamberg war also kleiner, als ich bisher angenommen hatte, doch entspricht auch die Ein-Meister-Theorie nicht der Wirklichkeit.

Zum Werkstattwechsel
Beobachtungen an den Skulpturen des Fürstenportals veranlassen mich, die These eines abrupten Bruches, d.h. der vollständigen Ablösung der älteren Bildhauer sowie die einer längeren Unterbrechung der Arbeiten abzulehnen, um statt dessen die Kontinuität zu betonen. Die Fuge nach der dritten Gruppe im rechten Gewände ist sozusagen normal angesichts der Bamberger Praxis, in Kampagnen vorzugehen. Allerdings ist der Wechsel im rechten Gewände von der älteren zur jüngeren Werkstatt komplizierter, als meist angenommen wird: Bei der 4. Gruppe von innen, der Arbeit eines jüngeren Bildhauers, fällt auf, dass die eigenartigen, wie Schläuche um die Beine des Propheten geschlungenen Falten vom Matthias bzw. Jonas übernommen wurden, während der Apostel oben weitgehend unplastisch bleibt, im Griff in den Mantel jedoch Erfindungen der älteren Werkstatt aufgreift, aber souverän umgestaltet und der Figur erhebliche Dynamik gibt. Handelt es sich bei dieser Gruppe um einen zur Angleichung an das benachbarte Alte befähigten Mann der jüngeren Gruppe, so ist die 5. Gruppe von innen m.E. von einem älteren Steinmetzen geschaffen, der sich dem neuen Stil sorgfältig anzupassen mühte. Er hielt sich an die Neuerungen, so das ausgebohrte Blattwerk, wie wir es auch an der Reiterkonsole finden, die Diagonalsichtigkeit und die neuen Motive, so auch den vor der Brust zusammengedrückten Faltenbausch als ein den jüngeren Bildhauern besonders liebes Motiv[50], verrät aber sein Haften an den älteren Gewohnheiten z.B. in der Folge feiner V-Falten am Unterschenkel, der Bartgestaltung des Propheten[51] und im gezackten Kreuznimbus. Der Prophet ist altertümlicher als der Apostel, so dass man entweder von einem bewussten Gebrauch zweier Stile oder von der Tätigkeit zweier Steinmetzen am selben Block auszugehen hat[52].
Auch sind die im Anschluss an das Fürstenportal geschaffenen Skulpturen keineswegs ausschließlich jüngeren Steinmetzen zuzuschreiben. Meiner Meinung nach ist der Adam vom Adamsportal das Werk eines älteren Bildhauers, der sich an den jüngeren Meister der Eva anlehnt[53]. Während der Bildhauer der Eva Stand- und Spielbein unterscheidet und zudem sehr genau beobachtet, dass beim belasteten Bein die Oberschenkelmuskeln kontrahiert werden, beim anderen Bein sich aber entspannen, zeigt der Steinmetz des Adam, dass er das Prinzip nicht begriffen hat bzw. nicht darstellen konnte. Seine Figur hat gleichsam zwei Standbeine. Der harte Knick in der Leistenzone führt zu einem unorganischen Ansatz der Männerbeine, den anatomischen Vorstellungen des David-Meisters vergleichbar. Man beachte außerdem den vierkantigen rechten Oberarm Adams sowie die Tatsache, dass der Unterschied im Körperbau zwischen Mann und Frau nicht begriffen wurde. Eva löst sich stärker von der Säule in ihrem Rücken, sie entfaltet sich mehr nach vorne, ihr Kopf ragt, wie auch sonst bei den jüngeren Bildhauern, weit über den Körper hinaus nach vorn. Dass sich auch die verwendeten Werkzeuge unterscheiden, schließt nur den Kreis: der glatte Meißel bei Adam, das Zahneisen bei Eva.
Eine Folgerung ist daraus zu ziehen: Nicht nur die Lernfähigkeit war groß, auch die Spannweite. Das erschwert die Zuschreibung bzw. die Abgrenzung des Oeuvres. Denn jedes Mal, wenn man den Stil zweier Skulpturen unterscheidet, stellt sich die Gegenfrage, ob das ausreicht, um sie zwei verschiedenen Bildhauern zuzuweisen. In meinem älteren Aufsatz hatte ich beim Vergleich von Ecclesia und Synagoge auf die Orientierung an verschiedenen Vorbildern als Möglichkeit der Ausdrucksgestaltung hingewiesen und dies als innerhalb der Spannweite eines Künstlers für denkbar erklärt. Andererseits war mir trotz der motivischen Ähnlichkeit zwischen der Maria und der ‚Sibylle' der Unterschied in der Gewandauffassung so groß erschienen, dass ich sie zwei verschiedenen Künstlern zuschreiben zu müssen glaubte. Daran hat sich nichts geändert.
Bei einigen Figuren entstehen Zweifel, zu welcher Gruppe sie gehören: Der Verfertiger der westlichsten Prophetenplatte der Chorschrankenreliefs ist m.E. ein jüngerer Steinmetz, der sich in das altertümliche Grundmuster der Reliefs fügte, sich aber sowohl im körperlichen Volumen wie in der Bewegung, andeutungsweise auch in den Muldungen der Faltenstege, als Mitglied der französisch geschulten Gruppe erweist[54]. Andererseits wäre zu erwägen, ob er nicht ein älterer Bildhauer ist, der sich die Neuerungen der Jüngeren auf besonders originelle Weise zu eigen machte.

Künstlerische Vorbilder
Allzulange hat man bei der Vorbildsuche ausschließlich nach Frankreich geschaut. Dass die jüngeren Steinmetzen ihre neue Kunst im Westen erwarben, bleibt unbestritten[55]. Doch hatten die Andechs-Meranier, aus deren Familie sowohl der Bischof wie der Dompropst stammten, enge Beziehungen vor allem nach Italien: Bischof Ekbert hat dort die meisten Jahre seines Episkopats zugebracht, am kaiserlichen wie am päpstlichen Hof. Man übersieht im übrigen leicht, dass der Herzogstitel ‚Meranien' das heutige Dalmatien meint, womit die Nähe dieses Fürstenhauses sowohl zu Italien wie zu Ungarn eine naheliegende Erklärung fände. Wenn man z.B. nach Vorbildern für die Applikationen auf den Archivolten des Gnadenportals fahndet, findet man Verwandtes eher in Lucca und anderenorts in der Toskana als im Westen[56]. Doch benutzte auch die jüngere Werkstatt Motive italienischer Provenienz: So werden bei dem nackten, in sich gedrehten Paradiesfluss der Clemenstumba und dem ähnlich gebildeten Teufel im Tympanon des Fürstenportals antike Vorbilder nachgeahmt, die wahrscheinlich an einem der römischen Meerwesensarkophage gefunden wurden[57]. Von einem der vielen antiken Reliefs mit der Darstellung des Herkules, der dem nemäischen Löwen das Maul zerreißt, dürfte der Löwe der Fortitudo übernommen worden sein. Schon die Verwendung des Materials Marmor für den Papst-Sarkophag bezeugt die Orientierung an der alten und neuen Kunst Roms, aber auch der des kaiserlichen Hofes. Sein Gebrauch war damals sehr selten, in Frankreich bei Grabmälern bis zum Tode des hl. Ludwig (+ 1271) vermieden[58]. Die romanische Kunst Italiens diente vor allem als Vorbild der Bauornamentik[59]. Doch bemerkt man mit Überraschung, dass die Figur der Prudentia am Clemensgrab, die mit einer Hand einen Drachen würgt, motivisch an einem Relief der Kathedrale von Modena vorgebildet ist[60].
Angesichts der Bedeutung der Kunst Ungarns um 1200 und der engen Bindung der Andechs-Meranier an dieses Königreich wird man zu überprüfen haben, ob nicht manches in der Bamberger Kunst dieser Zeit von dort übernommen wurde: So ist die noch nicht befriedigend eingeordnete Ritz-Grabplatte des Bischofs Otto II. († 1195) mit ihren ehemals in Marmor eingelegten Teilen, wie Kopf, Hände und Füße, gut mit den Fragmenten der sicher vor 1200 entstandenen ‚porta speciosa' der Burg von Gran/Esztergom und verwandten Denkmälern zu vergleichen[61].
Im übrigen hat die Erforschung der bambergischen Kleinkunst und Buchmalerei des 12. und 13. Jahrhunderts deutlich gemacht, dass die Domskulptur und ihr Stil nicht isoliert waren. Es gibt in der Bamberger Malerei seit etwa 1177 eine künstlerische Richtung, deren Anfänge bezeichnenderweise in dieselbe Zeit fallen wie der Aufstieg der Andechs-Meranier zur führenden Dynastie der Region[62]. Diese Stilrichtung, die bis etwa 1250 vorherrscht, zeigt in der Dynamik der Bewegung und der Art der Faltenführung so viele Ähnlichkeiten mit einigen Chorschrankenplatten, dass zumindest von einer Berührung, vielleicht sogar einem wechselseitigen Austausch ausgegangen werden darf. Hierzu gehört auch das Glasfenster des Erzengels Michael als Drachentöter im bambergischen Dorf Henfenfeld/Kr. Hersbruck[63].

Datierung
Achim Hubel hat in letzter Zeit verschiedenenorts dafür plädiert, den Baubeginn des neuen Bamberger Domes in die Zeit unmittelbar nach dem verheerenden Brand von 1185 anzusetzen und sich somit von der durch Renate Neumüllers-Klauser und Dethard von Winterfeld vorgeschlagenen späten Datierung um 1215 zu lösen[64]. Initiator des Neubaus wäre demnach der Andechs-Meranier Bischof Otto II.[65]. In der Tat ergriff man damals oft nach einem schweren Brandunglück die Gelegenheit zum Neubau[66], auch wenn zunächst so viel von der Kirche wiederhergestellt werden musste, wie man zur Erfüllung der Messpflichten benötigte. Es erscheint plausibel, Ottos Beinamen ‚der Freigebige' auf den Domneubau zu beziehen. Otto war zuvor Propst des Aachener Marienstiftes, also mit der rheinischen Baukunst vertraut. Oben war bereits auf den neuen, aus dem Westen übernommenen Malstil hingewiesen worden, der sich zu seiner Zeit in Bamberg verbreitete. Deshalb wäre zu fragen, ob der Bischof nicht auch Architektur und Skulptur des Domes mitgeprägt hat?
Im Prinzip ist der früheren Ansetzung des Neubaus bald nach 1185 zuzustimmen. Zunächst ging das meiste Geld in die Aufräum- und Reparaturmaßnahmen. Doch könnte einiges auch schon für den Neubau abgezweigt worden sein. Die Heiligsprechung der Kaiserin Kunigunde im Jahre 1200 dürfte die Arbeiten vorangebracht haben. Später gerieten sie offenbar wieder ins Stocken. Dass der Bamberger Königsmord im Jahre 1208 und das darauf folgende Exil des Bischofs Ekbert die Aktivitäten jahrelang gelähmt hätten, wie bisher angenommen wurde, ist jedoch unlogisch, wenn man wie Hubel und Schuller zu Recht das Domkapitel als den eigentlichen Träger des Baus darstellt, nicht den Bischof, der kaum jemals längere Zeit in Bamberg anwesend war. Gewiss dürfte aus dem Verkauf des Bamberger Lehens der Ortenau am Oberrhein an Kaiser Friedrich II. 1225 so viel Geld in die Bistumskassen geflossen sein, dass man seitdem mit erhöhter Aktivität rechnen muss. Offenbar war schon für 1232 die Abschlussweihe geplant, die sich jedoch noch um fünf Jahre verzögerte[67]. An der Datierung des Fürstenportals und seiner Skulptur, sowohl der älteren, wie der jüngeren, ändert dies jedoch so wenig, dass die Fragen der Bauchronologie hier ausgelassen werden können. Wichtig ist jedoch festzustellen, dass die Anfänge der Bamberger Bildhauerschule vor dem Jahr 1200 liegen.



[1] Robert Suckale: Die Bamberger Domskulptur. Technik, Blockbehandlung, Ansichtigkeit und die Einbeziehung des Betrachters, in: Münchner Jahrbuch der Bildenden Kunst 38 (1987), S. 27‑82; wieder abgedruckt in: Peter Schmidt / Gregor Wedekind (Hg.): Robert Suckale: Stil und Funktion. Ausgewählte Schriften zur Kunst des Mittelalters, München und Berlin 2003, S. 175-253.
[2] Manfred Schuller: Das Fürstenportal am Bamberger Dom, Bamberg 1993; dazu meine Rezension in: Kunstchronik 47 (1994), S. 433-439, bes. S. 438.- Ders.: Architektonisches Nebenwerk und Befund – Am Beispiel der Bamberger Adamspforte, in: Beiträge zur fränkischen Kunstgeschichte 1-2 (1995), S. 49-82.- Achim Hubel / Manfred Schuller: Überlegungen zur frühen Baugeschichte des Bamberger Doms, in: Das Münster 56 (2003), S. 310-325.
[3] Christine Hans-Schuller: Das Adamsportal des Bamberger Domes. Ergebnisse der Bauaufnahme, in: Beiträge zur fränkischen Kunstgeschichte 1-2 (1995), S. 34-47.- Dies.: Der Bamberger Dom. Seine 'Restauration' unter König Ludwig I. von Bayern (1826-1831), Petersberg 2000.- Maren Zerbes: Bauforschung zum Grabmal Papst Clemens II., in: Luitgar Göller u.a. (Hg.): Clemens II., Der Papst aus Bamberg, 24. Dezember 1046 – 9. Oktober 1047, Kat. der Ausst. Bamberg, Diözesanmuseum 1997, S. 45-79.- Dieselbe: Die "Jungfrau Maria" neben dem Georgenchor. Ein erster Überblick über die Ergebnisse der Bauforschungen an den Skulpturen der Jüngeren Werkstatt im nördlichen Seitenschiff des Bamberger Domes, in: Das Münster 56 (2003),  S. 347-365.- Walter Hartleitner: Zur Polychromie der Bamberger Domskulptur, in: Das Münster 56 (2003), S. 366-380.
[4] Hans-Christian Feldmann: Bamberg und Reims. Die Skulpturen 1220-1250. Zur Entwicklung von Stil und Bedeutung der Skulpturen in dem unter Bischof Ekbert (1203-1237) errichteten Neubau des Bamberger Domes unter Berücksichtigung der Skulpturen an Querhaus und Westfassade der Kathedrale von Reims, Ammersbek bei Hamburg 1992.- Ders.: Bamberg. Bauhüttenbetriebe im Vergleich: Zur Dominanz von Meistern im Bauhüttenbetrieb und ihre Einflussnahme auf die Konzeption und Ausführung von Skulpturenprogrammen, in: Herbert Beck / Kerstin Hengevoss-Dürkop (Hg.): Studien zur Geschichte der europäischen Skulptur im 12./13. Jahrhundert, Frankfurt/M. 1994, S. 87-99.- Peter C. Claussen: Zentrum, Peripherie, Transperipherie. Überlegungen zum Erfolg des gotischen Figurenportals an den Beispielen Chartres, Sanguesa, Magdeburg, Bamberg und den Westportalen des Domes S. Lorenzo in Genua, in: a.a.O., S. 665-687.- Fritz Kestel: Walter Heges ‚Bamberger Reiter'. Die Skulptur des hl. Königs Stephan I. von Ungarn im Bamberger Dom als Katalysator fotogeschichtlicher und kunsthistorischer Forschung, Berlin 1994 (Mikrofiches).- Achim Hubel: Die ältere Bildhauerwerkstatt des Bamberger Doms, in: Das Münster 56 (2003), S. 326-346 (s.a. Anm. 64).
[5] Jean Wirth: La datation de la sculpture médiévale, Genf 2004; s. das Register S. 324 s.v. Bamberg.
[6] Wilhelm Boeck: Der Bamberger Meister. Mit Beiträgen von Urs Boeck, Tübingen 1960, S. 18 und 23.- Robert K. Merton: Auf den Schultern von Riesen, ein Leitfaden durch das Labyrinth der Gelehrsamkeit, Frankfurt/M. 1983 (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 426) hat die Literatur- und Geistesgeschichte dieses Topos von der Spätantike bis heute dargelegt und dabei auf S. 44 ff. den Gebrauch der Idee bei den Scholastikern und S. 156 ff. die Chartreser Fenster, das Bamberger Fürstenportal und sein eigentliches ikonografisches Vorbild behandelt, das Taufbecken aus der Merseburger Neumarktkirche, wohl in der Mitte des 12. Jahrhunderts oder bald danach entstanden, zu früh, um auf Chartreser Vorbilder zurückgeführt werden zu können; s. außerdem S. 163 ff.
[7] Ausst.-Kat. Köln 1972, Schnütgen-Museum: "Rhein und Maas. Kunst und Kultur, 800-1400", 2 Bde., hg. von Anton Legner, Bd. I, S. 202 f., Bd. II, S. 297-304: Joachim M. Plotzek: Zu den neu aufgefundenen Fresken von Sankt Gereon in Köln; dort verweist er auf die um 973-999 zu datierende Ausmalung der Kirche San Sebastianello in Rom.- Für andere Beispiele in Frankreich s. François Garnier: Le langage de l'image au Moyen Age, Bd. II: Grammaire des gestes, Paris 1989, S. 84 ff.- Im Umkreis der Bamberger Buchmalerei gibt es eine merkwürdige Variante des Themas, bei der die Evangelistensymbole den Evangelisten auf der Schulter sitzen; s. Gude Suckale-Redlefsen: Buchkunst zur Zeit der Andechs-Meranier in Bamberg, in: Kat. der Ausstellung "Die Andechs-Meranier in Franken", Historisches Museum und Staatsbibliothek Bamberg 19.6.-30.9. 1998, Mainz 1998, S. 239-261, hier S. 258.-
[8] Man denke auch an die Herrschaftsarchitektur der Ädikulen im Speyerer Dom-Querhaus.
[9] Suckale (wie Anm. 1), S. 44 ff.- Das war zuvor schon festgestellt worden von: Adolph Goldschmidt, in: Rez. zu Arthur Weese: Die Bamberger Domskulpturen, in: Deutsche Literaturzeitung 19, 1898, Sp. 481-485; Hermann Beenken: Bildwerke des Bamberger Domes aus dem XIII. Jahrhundert, Bonn 1925, S. 14; Wilhelm Boeck (wie Anm. 6), S. 104-107.- Feldmann (wie Anm. 4), S. 45 stimmt der Befundinterpretation zu.- In meiner Rezension des Schullerschen Buches (wie Anm. 2) hatte ich S. 437 betont, dass dieser Wechsel nicht allein Sache der Künstler gewesen sein kann.
[10] Gude Suckale-Redlefsen: Die Handschriften des 8. bis 11. Jahrhunderts der Staatsbibliothek Bamberg, 2 Bde., Wiesbaden 2004 (Katalog der illuminierten Handschriften der Staatsbibliothek Bamberg 1), bes. Abb. 47 ff., 68 ff. und 82 ff.- Zu diesem Formprinzip s. Suckale 2003 (wie Anm. 1), S. 193 ff. und 210 f.
[11] Garnier (wie Anm. 7), S. 140-144 mit Beispielen vor allem der westeuropäischen Buchmalerei des 12. Jahrhunderts.- Für Belege verweise ich auf Abb. 6 und 10 bei Hans Belting: Die beiden Palastaulen Leos III. im Lateran und die Entstehung einer päpstlichen Programmkunst, in: Frühmittelalterliche Studien 12 (1978), S. 55-83. Dass man diese Form der Unterwürfigkeit in breiten Kreisen Deutschlands ablehnte, kann man u.a. am Kaiserbild im Krakauer Evangeliar Heinrichs IV. belegen.- S.a. die Bemerkungen von Wolfgang Augustyn: Passio Christi est meditanda tibi, zwei Bildzeugnisse spätmittelalterlicher Passionsbetrachtung, in: Walter Haug u.a. (Hg.): Die Passion Christi in Literatur und Kunst des Spätmittelalters, Tübingen 1993 (Fortuna Vitrea 12), S. 211-240, hier S. 228 f.
[12] Jean-Claude Schmitt: La raison des gestes dans l'occident médiéval, Paris 1990, Taf. 23, S. 325 hat die Gebärde des sich gegen seine Abführung sträubenden Königs als Abwehr- bzw. Malefizgeste gedeutet.
[13] Zur italienischen Ikonographie s. Robert Suckale: Die Weltgerichtstafel aus dem römischen Frauenkonvent S. Maria in Campo Marzio als programmatisches Bild der einsetzenden Gregorianischen Kirchenreform, in: Ders.: Das mittelalterliche Bild als Zeitzeuge. Sechs Studien, Berlin 2002, S. 12-122.
[14] Vittorio Peri: La tavola Vaticana del Giudizio Universale. Nota sulla data e sul tema apocalittico, in: Atti della Pontificia Accademia Romana di Archeologia, Rendiconti 39 (1966-1967), S. 161-186.- Beat Brenk: Tradition und Neuerung in der christlichen Kunst des 1. Jahrtausends. Studien zur Geschichte des Weltgerichtsbildes, Wien 1966.- Suckale (wie Anm. 13), S. 55 ff. Es ist erstaunlich, dass man im Weltgerichtsportal von St. Sebald in Nürnberg diese irreguläre Konzeption weitgehend übernommen hat; dies kann eigentlich nur durch den Willen zur engen Anlehnung an das Vorbild der Bamberger Bischofskirche erklärt werden.
[15] Suckale (wie Anm. 1), S. 50 ff. Asymmetrisch ist auch der Unterbau von Ecclesia und Synagoge.
[16] Dass die Ecclesia auf einer Konsole mit den vier Evangelistensymbolen steht, ist eine Aufwertung in Anlehnung an die 'maiestas Domini'. Auffällig ist auch, dass die Symbole x-förmig angeordnet wurden oder mit Worten: dass die Wesen von Johannes und Matthäus vertauscht sind: Eine auffällige Abweichung von der Tradition ist es auch, dass der Matthäus-Engel den Betrachtenden das aufgeschlagene Buch, d.h. das 'Wort Gottes', präsentiert. Das unterstreicht den Ausschließlichkeitsanspruch des Lehr- und Predigtamtes der Kirche.
[17] Zur Geste s. Garnier (wie Anm. 7) Bd. II, S. 89 ff.
[18] Suckale (wie Anm. 1), bes. S. 44 ff.
[19] Bamberg hatte früher und intensiver als die meisten anderen deutschen Domschulen Kenntnis von den neueren Entwicklungen in Paris gewonnen.
[20] Bei Matthias kann man als einzigem noch mit bloßen Augen den Text entziffern: ET CARNIS RESURRECTIONEM.- Auf dem das Bogenfeld oben rahmenden horizontalen roten Rahmenstreifen sind ebenfalls noch Fragmente von Inschriften in Capitalis zu sehen, doch zu bruchstückhaft, um bisher entziffert und gedeutet worden zu sein. Ein anderes Beispiel für derartige Credozyklen findet sich im Langhaus von St. Lorenz in Nürnberg: dort halten Apostel mit Credosätzen auf Spruchbändern die Weihekreuze (böhmisch geschulter Maler um 1360); Ursula Schädler-Saub: Gotische Wandmalereien in Mittelfranken. Kunstgeschichte, Restaurierung, Denkmalpflege, München 2000 (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege 109), S. 158-160. - Egon Verheyen: Die Chorschrankenreliefs des Bamberger Domes, Diss. Würzburg 1961, S. 7 u. 109 bezeichnet gegen alle ikonographische Tradition diesen Apostel als Johannes.
[21] Verheyen (wie Anm. 20) berichtet S. 11 ff., dass Kaiser Heinrich  II. im Jahre 1014 in Rom die Aufnahme des Credo in das Missale Romanum durchsetzte.- Zum Credo s. zuletzt das Doppelsymposion, hg. von Ryszard Knapińki: Symbol Apostolski w nauczaniu i sztuce kościoła do soboru trydenckiego, Lublin 1997 (Towarzystwo Naukowe Katolickiego Uniwersytetu Lubelskiego 159).
[22] Verheyen (wie Anm. 20), S. 4.- Hannelore Sachs / Ernst Badstübner / Helga Neumann: Erklärendes Wörterbuch zur christlichen Kunst, Hanau o.J., S. 32.- Feldmann 1992 (wie Anm. 4), bes. S. 114 f.- Die von Hubel 2003 (wie Anm. 3), S. 329 ff. vorgenommene Reihung der sechs östlichen Apostel ist nicht richtig; auch sie ziehen von rechts nach links zur Mitte. Auch ist gerade in dieser Gruppe die mittlere Platte nicht betont.- Dass die hier vorgeschlagene Lösung immer noch einige Probleme birgt, ist nicht zu bestreiten. Endgültige Klarheit ist nur zu gewinnen, wenn es gelingt, wenigstens ein Textfragment eines der Apostel zu entziffern.
[23] Zur Johannes-Ikonographie s. Jeffrey Hamburger: St. John the Divine. The Deified Evangelist in Medieval Art and Theology, Berkeley 2002.- In der Regel ist auch der Bart Pauli länger und dichter als der des Johannes.
[24] Der Haupteinwand dagegen wäre, dass in der Petrus-Reihe der 3. Apostel von innen als einziger Schuhe an hat, was auf die Sonderrolle des Jakobus als Pilgerheiliger gedeutet werden könnte, sich jedoch ebenso gut auf Bartholomäus beziehen kann, der der Legende nach ein Syrer aus königlichem Geschlecht war und deshalb auffällig prächtig gekleidet; s. Gregor M. Lechner: Art. Bartholomäus, in: LCI 5, Sp. 320-334.
[25] Alle anderen Deutungen werden hinfällig: so Suckale (wie Anm. 1), S. 193; ebenso Hubel (wie Anm. 4), S. 329 ff. oder die Deutung der Johannesfigur als Paulus, zitiert bei Verheyen (wie Anm. 20), S. 5 u. 107, das schon deshalb, weil Paulus nicht in den Credozyklus gehört.
[26] Zur Handschrift des Berliner Kupferstichkabinetts KK 78 A 3; s. Bloch, Peter und Schnitzler, Hermann:  Die ottonische Kölner Buchmalerei, 2 Bde., Düsseldorf 1967, Bd. I, S. 110 ff.
[27] Johannes Cramer: Bauforschung als Voraussetzung kunstwissenschaftlicher Architekturforschung, in: Kunsthistoriker 13/14 (1997/98), S. 9-16.- G. Ulrich Grossmann: Einführung in die Historische Bauforschung, Darmstadt 1993.- Von Manfred Schuller s. u.a. die Grundsatzbemerkungen in (wie Anm. 2), S. 19 ff.
[28] Z.B. Victor Mortet / Paul Deschamps: Recueil des textes relatifs à l'histoire de l'architecture et à la condition des architectes en France, XIIe et XIIIe siècles, Paris 1929.- Joseph Schuegraf: Geschichte des Domes von Regensburg und der dazu gehörigen Gebäude, 2 Bde., in: Verhandlungen des Historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg 11 (1847), S. 1-266; 12 (1848), S. 1-311; Nachträge ebenda 16 (1855), S. 1-294; 19, 1858, S. 135-204.- Joseph Neuwirth: Die Wochenrechnungen und der Betrieb der Prager Dombauhütte in den Jahren 1372-1378, Prag 1890.- Paul Booz: Der Baumeister der Gotik, München u. Berlin 1956.- Henri Stein: Les architectes des cathédrales gothiques, Paris 1930.- Pierre Du Colombier: Les chantiers des cathédrales. Ouvriers – Architectes – Sculpteurs, Paris 21973 usw.
[29] Apologia ad Guillelmum Abbatem / Apologie an den Abt Wilhelm, in: Gerhard B. Winkler (Hg.): Bernhard von Clairvaux: Sämtliche Werke lateinisch/deutsch, Bd. II, Innsbruck 1992, S. 137-209.
[30] Dethard v. Winterfeld: Der Dom in Bamberg, 2 Bde., Berlin 1979, hier Bd. I, S. 78.
[31] Vorher finden wir das Motiv in Königslutter. Die Motivik der Verzierung der Säulenschäfte wurde unter Kaiser Lothar III. durch den Steinmetzen Nikolaus aus Oberitalien eingeführt und fand von Niedersachsen aus weite Verbreitung; Thomas Gädeke: Die Architektur des Nikolaus. Seine Bauten in Königslutter und Oberitalien, Hildesheim, Zürich und New York 1988.- Nicholaus e l'arte del suo tempo. Atti del seminario .... Ferrara 21.-24.9.1981, hg. von Angiola Maria Romanini, 3 Bde., Ferrara 1985.
[32] v. Winterfeld (wie Anm. 30).
[33] Suckale (wie Anm. 2), S. 436 f.- Henri David: Claus Sluter, Paris 1951, S. 65 ff.- Louise Lefrançois-Pillion: La sculpture monumentale de la cathédrale de Rouen, in : Congrès Archéologique 89 (1926), Paris 1927, S. 72-101.- Auch Jean Wirth (wie Anm. 5), S. 69 f. kommt zu ausgedehnteren Fristen für die Produktion.
[34] Hubel 1998 (wie Anm. 4). S. 15 unten spricht er von "dem in Reims geschulten Bildhauer, dem wir den Bamberger Reiter und die übrigen, von der gleichzeitigen französischen Gotik geprägten Figuren verdanken.-" Boeck (wie Anm. 6).- Hermann Beenken: Der lachende Engel im Bamberger Dom, in: Zeitschrift für Bildende Kunst 59 (1925/1926), S. 96-106 hatte schon vier Bildhauer innerhalb der jüngeren Gruppe unterschieden.- S.a. Suckale (wie Anm. 1), S. 31, 36 ff. und Feldmann 1992 (wie Anm. 4), S. 169, Anm. 733.
[35] Feldmann  1994 (wie Anm. 4), S. 90 ff.
[36] Suckale (wie Anm. 1), S. 172.- Josef A. Schmoll gen. Eisenwerth: Mainz und der Westen. Stilistische Notizen zum ‚Naumburger Meister', zum Liebfrauenportal und zum Gerhardkopf, in: Friedrich Gerke (Hg.): Mainz und der Mittelrhein in der europäischen Kunstgeschichte. Studien für Wolfgang Fritz Volbach, Mainz 1966, S. 289-314 (Forschungen zur Kunstgeschichte und christlichen Archäologie 6).
[37] Willibald Sauerländer: Reims und Bamberg. Zu Art und Umfang der Übernahmen, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 39 (1976), S. 167-192, hier: S. 169.
[38] Wirth (wie Anm. 4), S. 171 f.
[39] Robert Suckale: Überlegungen zur Pariser Skulptur unter König Ludwig dem Heiligen (1236-1270) und König Philipp dem Schönen (1285-1314), in: Suckale 2001 (wie Nr. 13), S. 123-171, hier: S. 143 ff..
[40] Achim Hubel: Der Erminoldmeister und die deutsche Skulptur des 13. Jahrhunderts, in: Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg 8 (1974), S. 53-241; Ders. u. Manfred Schuller: Der Dom zu Regensburg, Regensburg 1995, S. 28 ff.
[41] Schmoll (wie Anm. 36).
[42] Suckale (wie Anm. 1), S. 191 ff.
[43] Lit. zum Verhältnis dieser Gruppe zur Malerei s. Suckale (wie Anm. 1, S. 244, Anm. 50).
[44] Suckale (wie Anm. 1), S. 195 und 198 widersprechen einander z.T.
[45] v. Winterfeld (wie Anm. 31), I, 78 ff. meint hingegen, dass die westlichen Reliefs früher versetzt wurden.
[46] Es bleibt unklar, warum diese Ornamente nicht vollendet wurden, und zwar gleichermaßen. Da sie allesamt anscheinend vom selben Steinmetzen gemeißelt wurden, könnte es sein, dass dieser durch den Tod oder Wegberufung in seiner Arbeit unterbrochen wurde.
[47] Neu ist das Motiv der schlaufenartigen Falten, das wir vor allem vom Grabmal Heinrichs des Löwen in Braunschweig und verwandten Werken der Zeit um 1200 kennen; s. Robert Suckale: Beiträge zur Kenntnis der böhmischen Hofkunst des 13. Jahrhunderts, in: Umění 51 (2003), S. 78-98. Vorbild für die Gestalt Davids war Kaiser Heinrich im sog. Regensburger Sakramentar aus dem Bamberger Domschatz; s. Kat. Bamberg 2002: „Kaiser Heinrich II. 2002-1024", Abb. 2, S. 17 (Veröffentlichungen zur bayerischen Geschichte und Kultur 44/2002); s.a. Feldmann (wie Anm. 4), S. 33 f.
[48] Die inneren sind reicher an den An- und Abläufen verziert.
[49] Das hat schon Vöge näher begründet, s. u.a. sein Hinweis auf das Motiv, ein Stück des Tuches über die Plinthe fallen zu lassen. Wilhelm Vöge: Über die Bamberger Domsculpturen, in: Erwin Panofsky (Hg.): Bildhauer des Mittelalters. Gesammelte Studien von Wilhelm Vöge, Berlin 1958, S. 130-200, bes. S. 140 f., 156, 167 und 181-194. Außerdem: Die Bamberger Domstatuen, ihre Aufstellung und Deutung, a.a.O., S. 201-209, bes. S. 209.
[50] S. die ‚Sybille', im Gewände des Fürstenportals rechts außen den ‚Moses' und die Rezeption bei der Uta im Naumburger Dom.
[51] Man vergleiche den 2. Propheten re. von innen oder die Prophetenplatte rechts neben dem Kronenengel. Zu dieser These s.a. Feldmann (wie Anm. 4), S. 44
[52] Suckale (wie Anm. 1), S. 47 ff.- Darstellungen von Bildhauern s. Hans Huth: Künstler und Werkstatt der Spätgotik, Augsburg 1923, Darmstadt 41981, und Virginia Wylie Egbert: The Medieval Artist at Work, Princeton 1967, hier S. 40 ff. Zwar ist mit Jean Wirth (wie Anm. 5, S. 152 ff.) festzuhalten, dass auf den Bildzeugnissen immer nur einer an der Skulptur arbeitet, doch sind z.B. am Marienkrönungs-Tympanon des Straßburger Münster-Südquerhauses stilkritisch zwei verschiedene Hände nachzuweisen: Die Engel sind eindeutig von anderem Geist als die Gruppe von Jesus und Maria.- Joseph Neuwirth (wie Anm. 28) ist u.a. zu entnehmen, dass öfters mehr als ein Steinmetz am selben Werkstück tätig war, ebenso dass es Spezialisten gab, so etwa für Laubwerk.
[53] Suckale (wie Anm. 1), S. 31 und passim.- Zustimmung bei Feldmann 1992 (wie Anm. 4), S. 74 (Anm. 701), S. 78 und 145 (Anm. 378).
[54] Die Einmuldungen auf den Faltenstegen sprechen dafür, auch die anatomisch richtigere Körpergestalt des Jonas.
[55] Dies wurde noch einmal von Feldmann 1992 (wie Anm. 4) unterstrichen. Doch ist daran zu erinnern, dass die Steinmetzen nicht nur die Kathedrale von Reims gesehen haben, sondern gewiss auch Laon und Paris (Suckale, wie Anm. 1, S. 59 f.). So ist z.B. der Kopf des nachträglich im Gewände aufgestellten, Posaune blasenden Engels am ehesten vom Auferstehungsrelief des mittleren Tympanons der Westfassade von Notre-Dame in Paris abzuleiten, was allerdings Folgen hätte für die derzeit gängige, aber m.E. nicht zu rechtfertigende Spätdatierung der jüngsten Teile des Pariser Werks; s. Willibald Sauerländer: Gotische Skulptur in Frankreich 1140-1270, München 1970, Taf. 146 f., 127 und 178 f.- Feldmann 1992 (wie Anm. 4), S. 69, Abb. 136 hat überzeugend die Haltung der Justitia am Clemensgrab mit einer der Tugenden vom mittleren Westportal von Notre-Dame in Paris verglichen.
[56] Zur Bauskulptur am Dom zu Lucca s. Gabriele Kopp: Die Skulpturen der Fassade von San Martino in Lucca, Worms 1981.- Gabriele Kopp-Schmidt: Die Dekorationen des Ostportals am Pisaner Baptisterium, in: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst 34 (1983), S. 25-58.- R. Silva: La basilica S. Frediano in Lucca, Lucca 1984.- Carlo L. Ragghianti: Studi lucchesi, Lucca 1989.- Roberto Salvini: La scultura romanica pistoiese, in: Il romanico pistoiese nei suoi rapporti con l'arte romanica dell'occidente. Atti del I convegno internazionale di studi medioevali di storia e d'arte 1964, Pistoia 1966, S. 165-179.
[57] Andreas Rumpf: Die Meerwesen auf den antiken Sarkophagreliefs, Berlin 1939, Reprint 1969 (Die antiken Sarkophagreliefs V/1); doch könnten auch Flussgötter als Vorbild gedient haben. Das spezielle Vorbild wird angesichts der Fülle derartiger Figuren kaum zu identifizieren sein. Ich hoffe, dass Dietmar Popp seine Funde und Beobachtungen zu diesem Thema publizieren wird.- Der Marmor der Clemenstumba stammt aus Kärnten.- Ein sehr ähnlicher Flussgott findet sich z.B. in Grottaferrata; s. Peter C. Claussen: Magistri doctissimi Romani. Die römischen Marmorkünstler des Mittelalters, Wiesbaden 1987, Abb. 61.
[58] Zur Bescheidenheit des hl. Ludwig s. Suckale 2001 (wie Anm. 39), hier S. 133 f.
[59] Doch kamen italienische Formen früh schon auf anderen Wegen nach Süddeutschland, wie man an der salzburgischen und bayerischen Romanik studieren kann.
[60] Il Duomo di Modena, Atlante fotografico, hg. Von Cesare Leonardi, Modena 1985, Taf. 974 f.- Die von den Westtürmen abgenommene Maske mit den beiden Fischkörpern bzuw. Stämmen im Rachen findet ihr Vorbild bzw. Gegenstück in Modena; s. Taf. 65; Ähnliches findet sich auch am Dom von Piacenza und anderenorts, s. Bruno Klein: Die Kathedrale von Piacenza. Architektur und Skulptur der Romanik, Worms 1995, Taf. 217.- Auch die beiden Portallöwen, die jetzt außen an der Domterrasse stehen, sind italienischer Herkunft. Wahrscheinlich stand vor der Gnadenpforte ein Protiro. 
[61] Vöge (wie Anm. 49), S. 197 ff. bringt das Grabmal mit der letzten Phase der Domausstattung, den Skulpturen der Adamspforte, in Verbindung. Doch scheint mir dies nur für den Unterbau zuzutreffen. Die Deckplatte ist älter. Sie könnte schon bald nach dem Tode Bischof Ottos II. angefertigt worden sein. Zu den ungarischen Monumenten vgl. Ernö Marosi: Die Anfänge der Gotik in Ungarn. Esztergom in der Kunst des 12.-13. Jahrhunderts, Budapest 1984.- In diesem Zusammenhang sei auch darauf aufmerksam gemacht, dass der Bogenfries am Langhaus der von den Babenbergern gegründeten Zisterzienserabtei Heiligenkreuz dem der westlichen Bamberger Prophetenschranken ähnelt, ihm zeitlich aber voraufgeht. Ähnliches gilt für die von der ungarischen Königin Gertrud aus dem Hause Andechs-Meranien geförderte Kirche in Deutsch-Altenburg östlich von Wien; s. Hermann Fillitz (Hg.): Geschichte der bildenden Kunst in Österreich, Bd. I: Früh- und Hochmittelalter, München u.a. 1998, S. 319 ff.
[62] Suckale-Redlefsen (wie Anm. 7) und dieselbe: Die Handschriften des 12. Jahrhunderts der Staatsbibliothek Bamberg, Wiesbaden 1995 (Katalog der illuminierten Handschriften der Staatsbibliothek Bamberg 2). Eine künstlerisch bedeutende Gruppe von Elfenbeinen wurde nach Bamberg lokalisiert durch Charles Little: An Ivory Tree of Jesse from Bamberg, in: Pantheon 33 (1975), S. 292-300. Ein verwandtes Stück findet sich im Bargello in Florenz.
[63] Hartmut Scholz: Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg extra muros, Berlin 2002, Kat. S. 205, Abb. 100 (Corpus Vitrearum Medii Aevi X/1).
[64] Achim Hubel: Überlegungen zur Datierung der Ostteile des Bamberger Domes, in: Internationale Tagung der Dombaumeister, Münsterbaumeister und Hüttenmeister, Bamberg 1996, Dokumentation, hg. vom Staatlichen Hochbauamt Bamberg, Bamberg 1997.- Ders.: Die Chorschrankenreliefs im Georgenchor des Bamberger Doms, in: Kat. der Ausstellung "Hans Loew – Ode an Bamberg. Entwürfe – Druckstöcke – Drucke", Bamberg 1998, S. 7-27.- Auch Tilmann Breuer deutet in der Neuausgabe des Dehio Franken, München und Berlin 1999, S. 90 an, dass er einen früheren Baubeginn für wahrscheinlich hält und bringt ihn versuchsweise mit der Kanonisierung der Kaiserin Kunigunde am 9.9.1200 in Verbindung, so auch Hubel / Schuller (wie Anm. 2), S. 318 f.
[65] Johann Looshorn: Die Geschichte des Bisthums Bamberg, Bd. II: Das Bisthum Bamberg von 1102-1303, Bamberg 1888, Reprint Bamberg 1981, S. 515-575.
[66] Entsprechende Nachrichten haben wir etwa über die Kathedrale von Reims, die 1212, und die von Amiens, die 1218 abbrannten; auch hier ging man sofort an die Arbeit für den Neubau; s. Dieter Kimpel und Robert Suckale, Gotische Architektur in Frankreich, 1130-1270, München 21995, bes. S. 28 ff., 288 ff. usw.
[67] Feldmann (wie Anm. 4), S. 31.

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